IRINA UND GADJOS IN DER «ALTEN SCHMITTE » STEFFISBURG

Armstrong, Piaf und die Roma

Irina und Gadjos fesselten das «Schmitte»­Publikum mit ihrer «Musique tzigane» und Jazzinterpretationen.

Textfeld:    BILD  Zigeunermusik und Jazz in Harmonie: Irina brachte mit ihren Musikern Christoph Habegger (l.) und Jüre Walter den «Schmitte»- Besuchern nicht nur den Sinto-Jazz näher.  ILD
Bis auf den letzten Platz gefüllt präsentierte sich die «Alte Schmitte» in Steffisburg, als am vergangenen Freitagabend «Musique tzigane» auf dem Programm stand. Irina und Gadjos, das sind eine Leadsängerin, ein Akkordeonist und ein «Fiddler» und Gitarrist, allesamt aus dem Raum Bern. «Irina ist eine Bühnenfigur, die gebrochen Hochdeutsch spricht. Am Ende der Show löse ich sie sprachlich auf und rede Berndeutsch», erklärt die Sängerin, die oft für eine Ausländerin gehalten wird. «Vielleicht, weil meine Familie Zigeunerwurzeln hat» (vgl. TT vom 13. Februar).

Voller Temperament

Während im Kamin die letzten Kohlen verglühen, bringen Irina und Gadjos die Gäste in der «Alten Schmitte» Steffisburg in Stimmung. Noch etwas verhalten während des Eintrittslieds «Sunny side of the street», schmilzt die Zurückhaltung spätestens beim ersten Romastück «Jekal zigan». So kontrolliert sich Irina mit ihrer steten Bühnenpräsenz auch zeigen möchte, bei den traditionellen Zigeunerweisen blitzt immer wieder ihr ungezügeltes Temperament hervor. Mit ihrer tiefen souligen Stimme lässt sie sich aber nicht nur auf traditionelle Roma- und Sintiweisen ein, sondern interpretiert auch Louis Armstrongs «Cabaret» oder Edith Piafs «Sous le ciel de Paris».

Auch wenn in solchen Formationen die Leadsängerinnen oder -sänger als «Stars» gelten, bei Irina und Gadjos lassen sich die drei professionellen Musiker genügend Raum zur eigenen Entfaltung.

So vermittelt der Gitarrist und «Fiddler» Christoph Habegger die Besonderheiten des Sinto-Jazz, eines eigenen Jazzstils der Fahrenden, während der Akkordeonist Jüre Walter ab und zu «Meh Dräck» herausholt, wie Irina verlangt. Überhaupt sind die Anspielungen auf «Music­Star» zahlreich an diesem Freitagabend. Auf den Refrain des Publikums etwa ruft Habegger ungeniert: «Das längt scho fasch für <MusicStar>!» Eine gewisse Bitterkeit lässt sich heraushören, wenn Irina sagt: «Die Teilnehmer dort sind in vier Monaten bekannter geworden als wir Pro­fimusiker in zehn Jahren.» Für ihren Auftritt am kommenden Samstag in der Schweizer Vorausscheidung des Eurovision Song Contest 2004 rechne sie sich kaum Chancen aus; «gewinnen wird jemand aus <Music­Star>». Dennoch meint sie schelmisch lächelnd: «Ich rechne auf mindestens 20 Steffisburger Stimmen! » heh

Thuner Tagblatt, 1. März 04