© Thurgauer Zeitung
Weinfelden Region, Montag, 29. 3 .2004
Sesshaft und doch beweglich
Als die Band «Irina und Gadjos » ihrem feurigen Zigeunertemperament im Restaurant Frohsinn freien Lauf liessen, schmolz auch der letzte Märzschnee hinweg.
Agathe Bellwald
Jüre Walter, Irina und Christoph Habegger
Irina & Gadjos begeisterten das Publikum
Die Musiker, Jürg, „Jüre“ Walter (Akkordeon, Stehbass), Christoph Habegger (Geige, Gitarre) und die temperamentvolle, wilde Irina machten am Freitagabend Station im „Frohsinn“ und hatten schon nach kurzer Zeit das recht zahlreiche Publikum fest im Griff. Der melancholische, gemächliche und zartbittere Einstieg mit dem Stück „Zigano“ sollte nicht über die Wildheit der „Lady in Red“, Irina, hinwegtäuschen. Ganz in Rot gekleidet, das lange, pechschwarze Haar mit einem luftigen Strohhut bedeckt, betörte sie die gespannt lauschenden ZuhörerInnen mit ihrer dunklen, rauen, teils einschmeichelnden, doch auch zuweilen fordernden Stimme. Dabei sang sie in Romanes, der Srprache der Fahrenden, in Russisch, Jiddisch oder Ungarisch. Somit besann sie sich auf ihre Wurzeln, die in Osteuropa, Ungarn, liegen. Mit täuschend echt klingendem osteuropäischen Akzent, einem slawisch gefärbten Slang, erzählte Irina von ihrer toten Katze „Muschka“, die jedoch munter miaute und als Handtäschchen am Notenständer baumelte. Zwischendurch wusch sie mit einem Handtuch Christoph Habegger s Glatze. „Ich mache immer trocken diese Mann“, erklärte sie mit rollendem „R“ ihr ungewöhnliches Tun, zum Gaudi des Publikums.
Von Sinto-Jazz bis Armstrong
Obschon „ Gadjos “ „die Sesshaften“ auf Romanes bedeutet, vagabundierten Irina und ihre ganz in Schwarz gehüllten Begleiter durch ein vielfältiges Repertoire. Ihre Lieder erzählen vom harten Los der Zigeuner, doch auch von Liebe und Schmerz. Dabei benutzen sie Stile, die von Django Reinhardt über Musette oder Edith Piaf, Les Paul bis hin zu Lous Armstrong reichen. Mit kraftvollen Bewegungen unterstrich Irina ihren meisterhaften Gesang, derweil Habegger seine Geige wie ein Berserker bearbeitete. Da weinten die Saiten oder flüsterten in den höchsten Tönen. Jürg Walters Akkordeon und Stehbass standen ihm diesbezüglich in nichts nach. Das Geschäftliche ging dabei nicht unter. Auf verführerische Weise versuchte Irina, CD’s und die von Grossmütterchen in Russland gefertigten wollenen Handtaschen und Socken den Leuten anzudrehen. „2 Rubel für Grossmütterchen“ warb sie für ihr Angebot. Vor Ende des Konzerts benötigte sie dann noch einen Wodka, ebenso ihre Mitstreiter zu Stück „Taborna Split“ und lüftete gleich mit reinem Berndeutsch das sprachliche Geheimnis. Und Grossmütterchen lebt im Wallis und nicht in Russland. Irina hat alle auf den Arm genommen. |